Montag, 3. Mai 2010

Nutzermeinungen im Internet beeinflussen Kaufverhalten

Jeder hat den Satz: "Ich kenne da jemanden, der kann Dir weiterhelfen …" schon mal gehört. Zufriedene Kunden empfehlen ein Produkt oder ein Unternehmen weiter. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um einen guten Handwerker, ein tolles Handy oder ein interessantes Internetportal handelt. Word-of-Mouth-Marketing – in Deutschland besser unter dem Begriff Mundpropaganda bekannt – gewinnt in den Marketing Abteilungen der Unternehmen immer mehr an Bedeutung.
Konsumenten leiden heute unter Werbemüdigkeit und blenden vor allem im Internet Werbeanzeigen einfach aus. Einer Empfehlung aus dem Freundeskreis glaubt man da schon eher. Aber auch Kundenmeinungen im Web gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das zeigt die W3B Studie von Fittkau & Maaß Consulting und der Bericht aus dem Focus aus dem Jahr 2008.

W3B-Studie


Kaufinteressierte Online-Nutzer finden im Internet immer mehr Möglichkeiten und Orte, Bewertungen anderer Nutzer über Marken, Produkte und Dienstleistungen abzurufen. Die Produktrezensionen von Internet-Nutzern werden auch aktiv genutzt! Fast jeder Nutzer (88%) greift zumindest gelegentlich auf Produktrezensionen von anderen Nutzern zurück. Ein Viertel (23%) rufen Nutzermeinungen mindestens einmal pro Woche ab.

Die Bewertungen haben Einfluss auf Markenbilder und Kaufentscheidungen. Fast jeder zweite Nutzer hat sich bereits durch eine Nutzermeinung  in Bezug auf eine Marke bzw. einem Produkt beeinflussen lassen. Die gleiche Anzahl an Nutzern hat aufgrund von nutzergenerierten Rezensionen bereits einen bestimmten Kauf getätigt. Die Anzahl der User, die sich durch eine andere Bewertung von einem Kauf eines konkreten Produktes abgehalten haben, ist etwas höher. Unter den aktiven Lesern fallen schlechte Bewertungen noch höher ins Gewicht.


Überrascht waren die Berater von Fittkau & Maaß über das gute Image des „User generated Content“. Fast die Hälfte der User (46%) stimmt dem Statement „Nutzermeinungen/-bewertungen im Internet sind informativer als andere Informationsquellen“ zu. Lediglich 12% lehnen es ab. Die meisten halten mit 41% Nutzermeinungen „glaubwürdiger als andere Informationsquellen“. Dieses Statement wird von 17% der Befragten abgelehnt.
Das Lesen nutzergenierter Produktbewertungen ist daher keinesfalls nur aus allgemeinem Informationsinteresse heraus erfolgt. Die Mehrheit (59%) ruft diese ganz gezielt ab, um Kaufentscheidungen vorzubereiten. Gerade beim Kauf von Technikprodukten werden Nutzermeinungen als besonders hilfreich empfunden. Reisebuchungen, der Kauf eines Autos und der bevorstehende Abschluss einer Versicherung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.



Die Zahlen bestätigen die steigende Bedeutung von Mundpropaganda. Heutzutage vertrauen die User eher dem Rat anderer Nutzer als den Angaben der Hersteller. Die Entscheider der Marketing Abteilungen können sich der vor wenigen Jahren nach kritisch beäugten (Un-)glaubwürdigkeit nutzergenerierter Produktbewertungen nicht mehr entschließen. Nutzergenerierte Produktrezensionen sind daher heute eine bestehende, ernstzunehmende Größe im Online-Vertriebs und Marketingmix von Unternehmen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Magazin Focus.
Nach Angaben des Magazins grassiert das Bewertungsfieber. Alles und jeder rückt ins digitale Rampenlicht, ob Friseure, Lehrer, Ärzte, Reisen oder Kochrezepte. Der Salon des Friseur Frank Papendorf brummt beispielsweise dank der Bewertungsseite Qype.
Im Jahr 2008 haben 60 Prozent der deutschen Webnutzer vor einem Kauf oder der Nutzung einer Dienstleistung auf die Meinung anderer Kunden geachtet. „Wir haben im Alltag gelernt, dass selbst Tipps von fremden Kunden im Laden oft hilfreicher sind als Ratschläge vom Anbieter.“ Diese Erfahrung hat die Marketingexpertin Sabrina Helm von der Universität Witten/Herdecke gemacht. Die schlechte Beratung im Elektronikmarkt treibt die Kunden gerade im Technikbereich auf Meinungsportale im Internet.





Auch Reiseveranstalter und Hotels werden auf Meinungsportalen für die Reisebranche bewertet. „Hotelbewertungen haben einen starken Einfluss auf die Buchungsentscheidung“, weiß Jens Uwe Parkitny, Chef von Expedia Deutschland. Viele Versandhäuser bieten ihren Kunden daher auf der eigenen Webseite auch die Möglichkeit an, Lob und Tadel abzugeben. Nach einer Studie der Universität Nebraska, steigert das Vorhandensein von Produktbewertungen den Umsatz von Online-Shops um 26 Prozent.

Das Millionen Hobbyexperten in Fachforen und Blogs eine schwer kalkulierbare Macht verkörpern, zeigt der Fall Kryptonite aus dem Jahr 2004. In einem selbstgedrehten Video hatte der US-Technik-Blog Engadget demonstriert, wie sich innerhalb von Sekunden ein mehr als 100 Dollar teures Fahrradschloss knacken ließ.  Durch die Nachricht, dass Apple den lang erwarteten Termin für den Start des lang erwarteten iPhone nicht halten kann, gelang dem Blog ein weiterer Coup. Die Apple-Aktie verlor binnen Sekunden mehr als drei Prozent an Wert. Später stellte sich heraus, dass Engadget sich irrte. Die Liste ist endlos erweiterbar.

Um ihm Internet gut dazustehen, schreiben sich viele Unternehmen gerne selbst gute Bewertungen. Martin Oetting, Mitinhaber einer Münchner Marketingagentur warnt, „Missbrauchsversuche schaden einer Firma mehr, als sie nutzen.“ Manipulation im Netz fliegt fast immer auf. Trotzdem gibt es viele Firmen, die Agenturen zum Schönschreiben von Web-Bewertungen beauftragen. Kunden tauschen sich einfach gerne über Produkte aus, dies ist vielen Firmen nicht bewusst. So kann auch eine „hitzige Forendebatte über Produktmängel ein Zeichen für die Identifikation mit einer Marke sein“.

Am Ende des Artikels zeigt Focus, wie Nutzer Bewertungsplattformen auf Glaubwürdigkeit testen können:

Anzahl an Bewertungen: Ein bis zwei Bewertungen pro Anbieter sind nicht aussagekräftig. Die Erkenntnis der Masse garantiert, dass einzelne gute oder schlechte Kritiken das Gesamtergebnis nicht verfälschen.
Redaktionelle Kontrolle: Manipulationen können durch eine gute Redaktion verhindert werden. Die Urteile und Kommentare sollten (vor der Veröffentlichung) auf Schmähkritik, falsche Tatsachenbehauptungen und Stimmigkeit geprüft werden.
Infos über Bewerter: Die Beiträge sollten mit Name bzw. Pseudonym gekennzeichnet sein. Besser wäre jedoch, wenn Nutzer das Profil des Bewerters anschauen und ihn kontaktieren können.
Beitrag datiert: Alte Kritiken sind nicht interessant und weisen auf ein verwaistes Portal hin.
Feedback-Funktion: Einige Portale informieren registrierte Unternehmen über die Bewertungen ihrer Kunden zu. Eventuelle Mängel können so schnell behoben werden.


Den vollständigen Bericht des Focus mit verschiedenen Beispielen aus der Praxis gibt es hier. Ein Interview zum Word-of-Mouth-Marketing findet sich auf der Webseite: förderland.

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